(17) Amifampridin (3,4-DAP) - Zertifizierte Fehlinformation






CME für Apotheker (s.u.)


2011-07-27

 

Unfassbar!

Die Teilnahmemöglichkeit an der nachfolgenden, von mir  näher betrachteten, deprimierend fehlerhaften zertifizierten Fortbildung (CME)  für Apotheker ist nun auch noch verlängert worden - bis zum 14. Januar 2012.

 

 

 

 

 

 

Kommentare zuletzt überarbeitet am 22. März 2011.

 

Es ist zu hoffen, dass die folgende „Zertifizierte Fortbildung" aus dem Netz genommen wird, bis eine korrigierte Fassung erstellt ist.  Hier eine Auswahl von Passagen, die korrektur-, evtl. ergänzungsbedürftig sind oder zu Fehlinterpretationen einladen.

 

Die zu beanstandenden Aussagen sind  offensichtlich (ohne Überprüfung, ohne die Originalarbeiten aufzurufen)  der Sekundärliteratur entnommen worden. Zertifizierte Fortbildungen sollten jedoch wissenschaftlichen Anforderungen genügen.

 

 


 

 

 

Zertifizierte Fortbildung
Veronika G. Grimm: Ein Orphan-Arzneimittel gegen Muskelschwäche
apotheke+marketing 01.2011

 

http://www.springer-gup.de/media/pdf/fuer_alle_lesbar/AuM/aum_2011/01_11/01aum_T_4449.pdf

(zuletzt aufgerufen am 05. März 2011)

 

 

 

 

Amifampridin (3,4-DAP)-KAPSELN

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 47

„Bis zur Zulassung des Fertigarzneimittels konnte der Wirkstoff nur als Individualrezeptur von Ärzten verschrieben werden. Der Aufwand und die Kosten waren dadurch enorm, jede Kapsel musste eigens in einer Apotheke für die Patienten hergestellt werden.

 

Kommentar Freya Matthiessen

Die Kosten für die 3,4-DAP-Kapseln waren gering, NICHT enorm, wie es in dem CME-Artikel heißt.
Vgl.:

 

 

Report Mainz 21. <mätz 2011
Report Mainz 21.

   


Hier kommen Sie zum Video über you tube

Hier kommen Sie zum Text (O-Ton) + zum Video



 

Deshalb werden in Deutschland auch weiterhin Kapseln als Individual-Rezeptur verschrieben.

Der Autorin scheint der „Aufstand der Ärzte" gegen den leider legalen, aber ethisch absolut nicht vertretbar exorbitant hohen Preis von FirdapseTM der Firma BioMarin entgangen zu sein.

BioMarin hat keine Studie mit Firdapse™ durchgeführt, sondern die Lizenz für das Alleinvertriebsrecht von einer anderen Firma aufgekauft, diese Firma hatte selbst wiederum...... u.s.o.ähnlich weiterhin..

 

Und: Die Kapseln wurden befüllt, nicht hergestellt, in der Regel auch nicht einzeln.

Vgl. http://www.kapselwelt.de/norbert54-h57-Kapselfueller-Automa.html


(LINKS wie immer ohne meine Haftung für Inhalt, evtl. Weiterleitung etc.! Zuletzt aufgerufen 22.03.2011. Freya Matthiessen)

 

 

 

Apothekerin Veronika G. Grimm

S. 45 „Eingesetzt wird es [Amifampridin/3,4-DAP] zur symptomatischen Behandlung des Lambert-Eaton-Myasthenischen Syndroms bei Erwachsenen, einer seltenen Autoimmunerkrankung,..."/ S. 47 Das Lambert-Eaton-Myasthenische-Syndrom ist eine genetische Störung....."  / S. 48 Die Autoimmunerkrankung wird nicht genetisch vererbt, sondern im Laufe des Lebens „erworben". [Hervorhebungen nicht im Original]."

 

Kommentar Freya Matthiessen

Der Fehler, LEMS sei eine genetische Störung, ist sicherlich  bei der EMA abgeschrieben.
Wahrscheinlich ist lediglich eine unspezifische genetische Disposition ist.
In sehr seltenen Fällen haben die LEMS-typische Symptome einen präsynaptischen Geneffektan  als Ursache., an der Stelle, wo beim LEMS die (Zer-)Störung durch das Crosslinking von Antikörpern angerichtet hervorgerufen. Firdapse™ ist für das Congenitale Syndrom nicht zugelassen.

 

Damit sind wir auch beim "Thema EMA":
Im Gegensatz zur Autorin bin ich nicht der Meinung, dass diese Agentur in jedem Fall „sehr wachsam" ist.

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 45

„Apotheker bereiteten für jeden Patienten Kapseln oder Tabletten mit individueller Dosierung zu."
[Hervorhebung nicht im Originaltext]

 

Kommentar Freya Matthiessen

Welche Apotheke in Deutschland hat jemals Tabletten hergestellt?

Tabletten mit "special license"  des MHRA wurden als Fertigarzneimittel aus England bezogen.

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 45

„Hauptsächlich betroffen [bei LEMS] sind die größten Muskeln des Menschen im Oberschenkel und auch im Beckenbereich."

 

Kommentar Freya Matthiessen

Die Muskelschwäche präsentiert sich im Bereich Oberschenkel-/Beckengürtel meist als Anfangssymptom und schreitet von „unten nach oben" fort.  Im Einzelfall kann sich die Muskelschwäche auf Geh-, Aufsteh- u. Treppensteige-Schwierigkeiten beschränken.

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 45

„Bei jedem zweiten LEMS-Patienten wird ein kleinzelliges Bronchialkarzinom diagnostiziert."

 

Kommentar Freya Matthiessen

Vielleicht sollte auch auf die anderen - nicht so häufig wie SCLC auftretenden - Krebsformen hingewiesen werden.

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 45

Durch die Einnahme von Amifampridin =  3,4-Diaminopyridin (3,4-DAP) nehme die Lebensqualität [der Menschen mit LEMS] durch kontrollierbarere Muskelbewegungen zu.

 

Kommentar Freya Matthiessen

Ich denke, von „unkontrollierten" oder nicht kontrollierbaren Bewegungen spricht man wohl eher bei spastischen Störungen.

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 45

„Die Weiterleitung sowohl von bewussten als auch autonomen Reizen erfolgt durch den Neurotransmitter Acetylcholin."

 

Kommentar Freya Matthiessen
Spielen bei den autonomen Störungen nicht vielleicht auch weitere Transmitter eine Rolle?

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 46

„An den Nervenendigungen kommen überwiegend Calciumkanäle vom N-Typ vor, sowie der P/Q-Typ."
[Hervorhebung nicht im Original]

 

Kommentar Freya Matthiessen

„Sowie" ?  P/Q?

Diagnosebestätigend (neben Klinik und EMG) ist der positive Laborbefund des VGCC (= VDCC)-Ab Typ P/Q.
(engl. VGCC, deutsch spannungsabhängige Calzium- Kanäle)

 

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 46

"So blockieren die Ca-Antagonisten Nifedipin und Verapamil Calciumkanäle vom L-Typ in der glatten Gefäßmuskulatur. Sie beeinflussen nicht die lebenswichtige Freisetzung von Neurotransmittern, die durch Calciumkanäle Typ N und P/Q getriggert wird

 

Kommentar Freya Matthiessen

(Nicht nur) Ca-Antagonisten vom Verapamil-Typ und vom Nifedipin-Typ sind beim Lambert-Eaton-Myasthenischen Syndrom - wenn immer möglich -  zu vermeiden. Nachzulesen in Datenbanken, insbesondere auch Fallberichten..

 

Die Autorin ignoriert bei LEMS
(a) die diskutierte mögliche Hilfsfunktion vom L-Typ-Kanal bei Funktionseinschränkung
von P/Q-Typ Kanälen. (b) die Bedeutung von muscarinischen Rezeptoren.


 Ursächlich für Frau Apothekerin Grimmes Informationslücke ist wahrscheinlich,
 dass nur Sekundärliteratur (in Form von zwei Büchern) für die CME herangezogen
 wurden.  CME! 

 

 

 

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 49

„Es liegt ein Fallbeispiel vor, welches eine positive Auswirkung auf die Muskelkraft bei einer langfristigen Amifampridin-Einnahme belegt. Versuche, das Medikament auszulassen, bestätigten eine deutliche Progredienz."

 

Kommentar Freya Matthiessen

Quellenangabe bitte!! Wie wäre eine Progredienz (von was?) zu erklären? Amifampridin hält die Erkrankung nicht auf - wie wäre das zu erklären? -, sondern lindert die Symptome, solange es im Körper wirksam ist. (geringe Halbwertzeit).

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 49

„Die Zulassung von Amifampridin durch die europäische Arzneimittelagentur (EMA)

ist zu begrüßen. Dürfte sie doch für viele LEMS-Patienten eine deutliche Erleichterung

bringen."

 

Kommentar Freya Matthiessen

Das träfe zu, wenn der FirdapseTM-Preis nicht so exorbitant hoch wäre.

 

 

Apothekerin Veronika G. Grimm S. 48

„Typisch ist das sogenannte „Lambert-Zeichen":  Ist der Reiz auf die Neuronen der quergestreiften Muskulatur nicht nur ein kurzfristiger, sondern hält über einen Zeitraum an, wie er beispielsweise beim Aufsteigen einer Treppe erforderlich ist. Der Patient verfügt nach anfänglicher Schwäche schließlich wieder über die gewohnte Muskelkraft.

 

Kommentar Freya Matthiessen:

 

Es ist nicht klar, was die Autorin mit "gwohnte Kraft" versteht.  Vielleicht "Schwäche", je nach Krankheitsverlauf.
Es gibt LEMS-Betroffene, die nicht einmal eine Treppenstufe oder Fußwegkante schaffen

 

Lambert's sign: HAND-GRIP becomes more powerful over SEVERAL SECONDS!

Typisch beim Lambert-Eaton-Syndrom (kann auch bei anderer Erkrankung vorkommen):
Im EMG ist nach willentlicher Muskel-Anspannung ein sehr kurzer Kraftzuwachs nachweisbar.
Der Patient selbst merkt davon meist nichts.

 

 

Apothekerin Veronika G. Grimm Fragebogen mit Auswahlantworten

„Bei welcher Indikation wird Amifampridin eingesetzt?"

 

„Myasthenia gravis

geringe Leistungsfähigkeit

Muskelschwäche

Herzmuskelschwäche

kleinzelliges Bronchialkarzinom"

 

Kommentar Freya Matthiessen

Unlogisch!! Wahrscheinlich soll "Muskelschwäche" angekreuzt werden. Es gibt jedoch sehr viele Ursachen für eine Muskelschwäche.  Statt "Muskelschwäche" müsste die korrekte Antwort lauten: "Muskelschwäche beim Lambert-Eaton-Syndrom".